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G 8 - Gipfel/Erlassjahrkampagne

10. Dez 1999

Erklärung des Geschäftsführenden Vorstands von Pax Christi zum G 8-Gipfel (16. Juni 1999)

Pax Christi begrüßt den Ende Januar von der Bundesregierung vorgelegten Plan zur Aus-weitung der bestehenden HIPC-Initiative von IWF und Weltbank und die letztes Wochenende erstellte Beschlußvorlage der G 7-Finanzminister für das Gipfeltreffen in Köln. Es sind längst überfällige Schritte zu einer Regelung des Schuldenerlasses, stellen aber noch keinen wirklichen Durchbruch dar. Pax Christi sieht es als Schritte in die richtige Richtung an, wenn die Zahl der für eine Schuldenreduzierung in Frage kommenden Länder von 29 auf 36 ausgeweitet und die Belastung der ärmsten Schuldner soweit gesenkt wird, daß - statt wie bisher 20 - 25 % - nur mehr 15 -20 % der Exporterlöse für den Schuldendienst aufgebracht werden müssen. Außerdem ist die Bundesregierung endlich bereit, einem Verkauf von IWF-Gold zur Finanzierung der Schuldeninitiative zuzustimmen.
Was die G8 vorschlagen, nimmt allerdings nichts von den Zahlungsverpflichtungen weg, die gegenwärtig Investitionen in die menschliche Entwicklung verhindern. "Schuldentragfähig-keit" wird auch weiterhin als dasjenige Maß an Schuldendienst definiert, welches den ärmsten Ländern maximal abgezwungen werden kann.
Der G 8-Gipfel ist zu einer Einrichtung geworden, die wesentliche Weichen für die wirtschaft-liche Entwicklung in den letzten Jahren gestellt hat. Seine Entscheidungen waren geprägt von neoliberaler Ideologie. Deren Durchsetzung hat zu einer Verschärfung der Spaltung in arm und reich weltweit geführt, hat Entwicklungsmöglichkeiten blockiert und ganze Länder bzw. Regionen ins Chaos gestürzt. Die Schuldenlawine begräbt Menschen unter sich, die für die Schulden nicht verantwortlich sind.
Pax Christi erwartet deshalb von der Bundesregierung, daß sie allen hochverschuldeten Ländern die Möglichkeit zur Entschuldung eröffnen hilft. Eine weitere Senkung der Tragfähigkeitsgrenzen für den Schuldendienst ist angebracht, und zwar auf ein Niveau, welches auch bei externen Schocks, wie dem jüngsten Einbruch bei den Exporteinnahmen, neue Zahlungsunfähigkeit verhindert.
Pax Christi fordert schließlich, daß der Schuldenerlaß von der Einhaltung bisher üblichen Strukturanpassungsprogramme abgekoppelt wird. Diese Programme sind von Parlamentarier/innen aus der ganzen Welt ebenso scharf kritisiert worden wie von anerkannten Wissenschaftler/innen. Auch in den Internationalen Finanzinstitutionen selbst ist das Scheitern der Anpassungspolitik in wesentlichen Teilen eingestanden worden.

Die Schuldenerlasse sollten vielmehr auf der Basis wirtschaftlicher Reformprogramme gewährt werden können, die von den betroffenen Ländern selbst entworfen werden, die transparent und der betroffenen Bevölkerung gegenüber rechenschaftspflichtig sind.
Um eine dauerhafte Lösung zu schaffen, müßten neben einer Entschuldung international verbindliche Mechanismen entwickelt werden, die eine Wiederholung der Schuldenkrise ausschließen. Als Vorbild für eine solche Regelung könnte das in den USA und - seit 1996 - in Ungarn geltende Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften (Bundesländer, Gemeindever-bände, Kommunen etc.) gelten. Diese müssen nur so viele Schulden zurückzahlen, wie sie leisten können, ohne die für die Einwohner lebenswichtigen Leistungen einschränken zu müssen.

Bad Vilbel, den 16. Juni 1999